Von da an bis 1914 hielten sich Gabriele Münter (1877-1962) und Wassily Kandinsky (1866-1944) oft in diesem Haus, im Volksmund auch als „Russenhaus“ bezeichnet, auf. Sie richteten es gemeinsam ein, legten den Garten an und bemalten die Möbel nach eigenen Entwürfen.
Die Murnauer Landschaft, insbesondere das Haus selbst, sein Garten und die unmittelbare Umgebung, wurde für Münter und Kandinsky zu einer wichtigen Inspirationsquelle. Oft malten sie den Blick aus dem Fenster zur Kirche und zum Schloß sowie zur Bergkette. Ausgehend von der Auseinandersetzung mit der Landschaft entwickelte sich Kandinskys Malerei zur Abstraktion.
Das Münter-Haus spielte ferner eine ausschlaggebende Rolle in der Geschichte des „Blauen Reiter“. Es wurde zu einem bedeutenden Treffpunkt der Avantgarde. Franz Marc, der in dem nahe gelegenen Sindelsdorf wohnte, Alexej von Jawlensky, Marianne von Werefkin, August Macke und Arnold Schönberg kamen oft zu Besuch ebenso wie Sammler und Kritiker. Im Oktober 1911 fanden dort die Arbeitssitzungen zur Vorbereitung des Almanachs “Der Blaue Reiter” statt. Neben Münter und Kandinsky nahmen Franz und Maria Marc sowie August und Elisabeth Macke daran teil.
Als der Erste Weltkrieg am 1. August 1914 begann, flohen Münter und Kandinsky zunächst in die Schweiz, da Kandinsky als Russe zum feindlichen Lager gehörte. Im November 1914 kehrte er nach Moskau zurück, wo er bis 1921 bleiben sollte. Gabriele Münter lebte vom Sommer 1915 bis Dezember 1917 in Schweden und ließ sich anschließend in Kopenhagen nieder.
Anfang 1920 kehrte Münter nach Deutschland zurück. Mit ihrem späteren Lebensgefährten, dem Kunsthistoriker Johannes Eichner (1886-1958), lebte die Malerin von 1931 bis zu ihrem Tod 1962 wieder in dem Murnauer Haus. Im Keller des Hauses verwahrte sie einen unermesslichen Schatz an Bildern, vor allem von Wassily Kandinsky sowie eigene Werke und die anderer Protagonisten des „Blauen Reiter“ und seines Umkreises, und rettete diese so auch über die Zeit des Nationalsozialismus. Anlässlich ihres 80. Geburtstages hat Gabriele Münter wichtige Teile dieser einmaligen Sammlung der Städtischen Galerie im Lenbachhaus in München geschenkt.
Gemäß dem Wunsch der Künstlerin ist das gesamte Münter-Haus seit der Renovierung in den Jahren 1998/99 als Ort der Erinnerung an ihre Kunst und an die Kandinskys eingerichtet und der Öffentlichkeit zugänglich. Es wurde in seinem ursprünglichen Zustand von 1909 bis 1914 wiederhergestellt. Durch die reiche Ausstattung mit Gemälden, Graphiken und Hinterglasbildern von Kandinsky und Münter sowie mit Beispielen der Volkskunst, die sie sammelten, und mit ihren selbst bemalten Möbeln, vermittelt das Haus heute wieder einen lebendigen Eindruck von der Atmosphäre, die hier vor dem Ersten Weltkrieg herrschte.
Vor dem Münter-Haus ist kein Parkplatz vorhanden.
Bahnverbindung München-Murnau stündlich
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